"Ich habe nichts davon gesagt": Die Saga um Varela geht weiter
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Talent Cardoso Varela (16) ist nun offiziell bei Dinamo Zagreb. Doch im Hintergrund tun sich viele Fragen rund um Berater und den Vater auf.
Will einfach nur Fußball spielen: Cardoso Varela. IMAGO/Sports Press Photo
Spätestens seit Sepp Herberger ist bekannt: "Ein Spiel dauert 90 Minuten." Doch wie lange dauert eigentlich eine Transfersaga? Nun, im Fall Cardoso Varela sollte man nicht mit einem schnellen Ende rechnen. Das im Sommer 2024 eiligst nach Kroatien verfrachtete Talent ist zwar mittlerweile bei Dinamo Zagreb offiziell registriert. Die Wege des heute 16-Jährigen zum kroatischen Serienmeister aber waren derart verschlungen, dass sich die FIFA der Sache mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nochmals annehmen wird - nicht zuletzt, weil Varelas Ex-Klub, der FC Porto, seine rechtlichen Optionen beim Weltverband ausreizen wird.
Zunächst die Vorgeschichte in Kurzfassung: Nach Auslaufen seines Fördervertrags bei Porto wollten zwei Agenten Varela beim kroatischen Viertligisten NK Dinamo Odranski Obrez unterbringen, weil dessen Vater in Zagreb Arbeit gefunden hatte und behauptete, sein Sohn sei in Porto Psychoterror ausgesetzt gewesen und er selbst bedroht worden. Dem widersprach Portos Präsident André Villas-Boas, der krumme Geschäfte hinter der Reise auf den Balkan vermutete. Der frühere Spitzentrainer sprach davon, dass ihm Varela junior erklärt habe, dass er gern in Porto bleiben würde, aber Angst habe vor seinem Onkel, Wilson Sardinha. Das ist einer der beiden Agenten, die den damals 15-Jährigen nach Kroatien brachten.
Dinamo Zagreb erfüllt Statutenkicker-Recherchen jedenfalls sprechen eher für Villas-Boas' Vermutung. Denn bei dem kroatischen Arbeitgeber des Vaters - und mit Blick auf die FIFA-Transferstatuten ist die Sache mit dem Job ziemlich wichtig - handelt es sich um Branimir Majdak, einen Freund, vielleicht sogar Mitarbeiter des Spielerberaters Andy Bara. Der ist für sogenannte Brückentransfers bekannt, bei denen der Ausbildungsklub am Ende weitgehend leer ausgeht.
Nachdem Varela monatelang nicht bei dem Viertligisten registriert werden konnte, sprang nun Dinamo Zagreb ein und damit ein Klub, bei dem die Verbände nicht Nein sagen konnten. Denn laut Statuten dürfen 16-Jährige innerhalb der EU wechseln, wenn der neue Verein Training auf höchstem Niveau sowie eine gute schulische Ausbildung bieten kann. Das sind zentrale Bausteine für die Erlaubnis von Minderjährigen-Transfers.
Ein Post wirft Fragen aufAllerdings gibt es allerhand Fragwürdigkeiten, die vor allem diese Vorgeschichte betreffen und den involvierten Spielervermittlern noch auf die Füße fallen könnten. Denn da wäre beispielsweise ein Post Varelas in dem sozialen Netzwerk Instagram am 16. Februar, dem Tag, an dem sein Wechsel offiziell wurde. "@fc porto serei sempre grato a esse clube maravilhoso e obrigado por tudo", schrieb er da. Zu Deutsch: "@fc porto Ich werde diesem wunderbaren Verein immer dankbar sein und danke euch für alles." Eine Danksagung an den Ex-Klub, der laut Varelas Vater den Jungen terrorisiert hat? Das wirft Fragen auf.
Nun könnte der Vater auf die in Luanda, Angola, lebende Mutter des Jungen verweisen, Rosaria Mandume. Denn die hatte im vergangenen Sommer, als es um die Registrierung bei Odranski Obrez ging, die Vorwürfe des Vaters in einem Brief bestätigt. Aber: Dem kicker liegt ein Schriftverkehr zwischen der Mutter und einem Mitarbeiter des FC Porto vor, dabei geht es um den genannten Brief.
Ich habe nichts von dem gesagt, was dort steht.
Rosaria Mandume, Mutter des Spielers
Porto-Mitarbeiter: "Stimmt es, dass du dieses Dokument unterschrieben hast?"
Mutter: "Vielleicht habe ich es unterschrieben, aber vielleicht war es auf Englisch geschrieben, aber ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich es unterschrieben habe. Denn die Dokumente, die mir ausgehändigt werden, sind in Englisch verfasst, und ich spreche kein Englisch."
Porto-Mitarbeiter: "Aber hast du den Teil gelesen, der auf Portugiesisch ist?"
Mutter: "Ja, das habe ich!!! Aber ich habe nichts von dem gesagt, was dort steht."
Porto-Mitarbeiter: "Ok, danke. Das ist sehr ernst."
Mutter: "Ich tue alles, was ich kann, um dort zu sein, tut nichts, ohne dass ich dabei bin, denn das ist wirklich sehr ernst."
Porto-Mitarbeiter: "Wir sind an deiner Seite."
Mutter: "Vielen Dank, dass ihr an meiner Seite seid."
Das erweckt wie schon der Post des Jungen den Eindruck, dass die Vorwürfe gegen den FC Porto frei erfunden sind vom Vater und den involvierten Beratern, gegen die der Klub weitere Vorwürfe erhebt. So geht aus einer Beschwerde bei der FIFA hervor, dass sich wenige Wochen nach der im Oktober zum zweiten Male gescheiterten Registrierung bei Odranski Obrez ein Spielervermittler aus dem Mittleren Osten beim FC Porto gemeldet und im Namen von Sardinha und Bara 1,5 Millionen Euro für den Jungen gefordert haben soll. Dann könne er zurückkehren nach Porto. Eine Anfrage dazu beantwortet Baras Agentur Niagara Sports nicht.
Widersprüche tun sich aufBerater Bara gab zuletzt ein Interview in kroatischen Medien, in dem er an der vom Vater verbreiteten Version festhielt, dass Porto Druck ausübe. Bara habe dann Kroatien ins Spiel gebracht und Majdaks Firma, weil Varela senior zuvor in der entsprechenden Branche gearbeitet habe. Erstaunlich. Denn aus dem Schriftverkehr rund um die gescheiterten Registrierungsversuche bei Odranski Obrez gehen zwei Dinge hervor, die so gar nicht zu dieser Version passen: zum einen, dass Varela senior vor seiner Anstellung bei Majdak bereits in einer Strandbar im kroatischen Badeparadies Zadar gearbeitet habe. Zum anderen hat die FIFA festgestellt, dass der Vater seit 2021, als er berufsbedingt nach London zog, keine aktive Rolle im Leben des Jungen mehr gespielt hat. Diese Widersprüche aufzuklären könnte in der Tat länger als 90 Minuten dauern.
kicker